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Marc Jongen – eine Alternative für Deutschland?

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Dr. Marc Jongen (links) mit AfD-Parteigründer Prof. Bernd Lucke

Karlsruhe (tra). Am 22. September ist Bundestagswahl. Boulevard Baden stellt den Kandidaten von Karlsruhe und Karlsruhe-Land nach und nach ein paar Fragen, heute Marc Jongen, der im Wahlbezirk Karlsruhe-Stadt für die AfD kandidiert.

Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Jongen: Diese Frage kann ich sehr präzise beantworten: Weil ich nicht mehr tatenlos zusehen wollte, wie die Bundesregierung einen Rechtsbruch nach dem anderen begeht und Politik für die Finanzlobby anstatt für die Bürger macht. Im EU-Vertrag von Maastricht gab es die sogenannte No-bailout-Klausel: Kein Land sollte für die Schulden eines anderen Landes haften. Im Widerspruch dazu hat der deutsche Bundestag im Sommer 2012 mit Zwei-Drittel-Mehrheit dem ESM-„Rettungsschirm“ zugestimmt, der eine dauerhafte Unterstützung der EU-Krisenländer mit Milliardensummen vorsieht. Wenn diese Steuergelder den Ländern selbst zugute kämen, könnte man darüber noch diskutieren, sie fließen aber zum allergrößten Teil in die Kassen der Gläubigerbanken. Damit ist für mich eine rote Linie überschritten worden – so haben wir uns die europäische Einigung nicht vorgestellt.
Eigentlich hatte ich mich in der Rolle des akademischen Beobachters der Zeitläufte immer wohl gefühlt. Ab einem bestimmen Grad der Krise verspürt man aber den Drang und die Verpflichtung, handelnd in das Geschehen einzugreifen. Als sich Anfang diesen Jahres mit der „Alternative für Deutschland“ eine Bürgerbewegung formierte mit dem Ziel, dem Euro-Rettungsirrsinn Einhalt zu gebieten – und zwar nicht aus irgendeiner Ideologie, sondern aus ökonomischem Sachverstand heraus –, da war für mich auch der überzeugende Rahmen für ein parteipolitisches Engagement gegeben.

Was war bisher Ihr größter politischer Erfolg?

Jongen: Da die AfD erst seit wenigen Monaten existiert und ich vorher nie politisch tätig war, ist mein bisher größter politischer Erfolg zugleich ein kollektiver: dass wir es geschafft haben, innerhalb dieser kurzen Zeit in allen 16 Bundesländern Landesverbände aufzubauen und daneben noch die nötigen Unterstützungsunterschriften zur Einreichung von Landeslisten für die Bundestagswahl zu sammeln. Besonders stolz sind wir natürlich auf unsere über 4000 Unterschriften in Baden-Württemberg.

Auf der persönlichen Ebene erachte ich meine Wahl in den AfD-Landesvorstand von Baden-Württemberg und später dann zum Direktkandidaten im Wahlkreis Karlsruhe-Stadt als schöne Erfolge. Bei der Wahl in den Landesvorstand war ich den meisten Mitgliedern noch unbekannt und hatte nur wenig Redezeit zur Verfügung, um sie von meiner Eignung zu überzeugen. Zur Direktkandidatur für den Bundestag wurde ich dann von den Karlsruher Mitgliedern aufgefordert, worin für mich eine wesentliche Motivation lag, diese Herausforderung anzunehmen.

Haben Sie politische Vorbilder? Wenn ja, welche und warum?

Jongen: Ich finde es vorbildlich, wie Prof. Bernd Lucke, unserer Bundessprecher und Parteigründer, von seiner Einsicht in die ökonomischen Zusammenhänge eine staatsbürgerliche Verantwortung abgeleitet hat und selbst vor dem mühsamen Weg einer Parteigründung nicht zurückschreckte, um der angeblichen “Alternativlosigkeit“ Angela Merkels etwas entgegenzusetzen. Der Wechsel vom Wissenschaftssystem in die Politik ist ihm hervorragend gelungen. Ich bin selbst an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung wissenschaftlich tätig und kenne die Schwierigkeiten dieses Registerwechsels.
Generell haben solche politischen Persönlichkeiten meinen Respekt, die sich in schwierigen Zeiten gegen alle Widerstände für eine gerechte Sache einsetzen.

Welches sind die Themen für die Sie sich stark machen?

Jongen: Das Hauptziel unserer politischen Aktivitäten in der “Alternative für Deutschland“ ist es, eine Kehrtwende in der sogenannten Euro-Rettungspolitik herbeizuführen. Gegenwärtig werden in Europa Volkswirtschaften mit ganz unterschiedlichen Leistungsniveaus und Traditionen zum Schaden aller in einen Währungsverbund zusammen gezwungen, dessen Scheitern längst offen zutage liegt. Das an irreparablen Geburtsfehlern krankende Konstrukt der Eurozone kann nur noch durch immer weitere Hilfspakte und –kredite an einem zombiehaften Scheinleben erhalten werden. Dem bereits verlorenen Steuergeld wird immer noch weiteres hinterher geworfen, womit sehenden Auges gigantische Vermögenswerte – in Deutschland und anderen Geberländern – vernichtet werden. Dieser Politik, die auch die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland in ihrer Substanz bedroht, möchte ich gemeinsam mit meinen Mitstreitern in der AfD ein Ende setzen.

Als in der Wissenschaft Tätiger interessiere ich mich daneben auch stark für die Bildungspolitik. Vor allem möchte ich mich dafür einsetzen, Deutschland als Wissenschaftsstandort attraktiver zu machen, sodass die deutsche Sprache als Wissenschafts- und Verkehrssprache international erhalten bleibt. Wenn wir unsere eigene Sprache selbst nicht wertschätzen, wieso sollten es dann die Zuwanderer tun?

Warum sollten die Bürger Sie wählen?

Jongen: In Krisenzeiten sind an verantwortlichen Stellen Menschen gefragt, die in größeren Zusammenhängen zu denken fähig sind. Meine philosophische Ausbildung – die übrigens im Nebenfach auch die Volkswirtschaft einschloss – sollte da keine schlechte Referenz sein. Politiker leiden sehr häufig unter einer Berufsblindheit, die sie zum “Weiter-So“ verführt auch dort, wo längst neue Wege zu beschreiten wären. Außerdem sind sie in der großen Mehrzahl Opfer der strukturellen Korruption des Politbetriebs, die für die „Politikverdrossenheit“ der Bürger hauptverantwortlich ist. Ich meine damit keine Straftatbestände im juristischen Sinn, sondern den allgegenwärtigen Einfluss mächtiger Lobbygruppen, vor allem der Großbanken auf die Regierung und das Parlament. Deren eigentlicher Auftrag, nämlich den Volkswillen zu repräsentieren und für das Wohl der Bürger zu arbeiten, wird dadurch fortwährend untergraben.

Wer mit uns der Auffassung ist, dass die gegenwärtige Euro-Rettungspolitik die Zukunft unseres Landes aufs Spiel setzt, der darf also nicht auf die etablierten Parteien hoffen. Nur eine neue, unkorrumpierte Kraft und unkorrumpierte Persönlichkeiten können die Wende herbeiführen.

Wie stehen Sie am Liebsten mit Bürgern in Kontakt?

Jongen: Zunächst einmal betrachte ich mich selbst in erster Linie als Bürger und nicht als Politiker. Und ein Bürger tauscht sich mit dem andern immer noch am besten im direkten Gespräch aus. Wo das aus Zeit- oder räumlichen Distanzgründen nicht möglich ist, stehen moderne Kommunikationsmittel zur Verfügung wie mein persönlicher Blog http://jongen.blog.alternativefuer-bw.de oder meine Rubrik auf www.abgeordnetenwatch.de, letztere mit Frage-Antwortfunktion.

In welchem Bereich muss Karlsruhe weiter kommen?

Jongen: Für eine Stadt ihrer Größe hat Karlsruhe ein erstaunlich breites Angebot an Bildungseinrichtungen, Freizeitmöglichkeiten und nicht zuletzt an attraktiven Arbeitsplätzen. Diesen Reichtum und diese Vielfalt sollte die Stadt erhalten und möglichst noch ausbauen.

Die Attraktivität Karlsruhes führt aber auch zu Problemen, namentlich was die Verfügbarkeit bezahlbarer Wohnungen betrifft. Durch weiteren Zuzug wird sich die Wohnungsnot in den kommenden Jahren voraussichtlich noch verschärfen. Dagegen mit geeigneten Maßnahmen vorzugehen erachte ich als eine der vordringlichsten Aufgaben in Karlsruhe – die auch vom Bund aus unterstützt werden kann.
Akuter Verbesserungsbedarf liegt offensichtlich auch im Bereich der Managements von Bauprojekten. Wenn die ganze Stadt über Jahre hinweg in eine einzige Baustelle verwandelt wird, dann muss in der Koordination der verschiedenen Projekte etwas gehörig schief gelaufen sein.

Für welche Karlsruher Belange möchten Sie sich in Berlin einsetzen?

Jongen: Zunächst ist ganz klar festzuhalten: Alle Versprechungen, die die Bundestagskandidaten den Bürgern in ihren Wahlkreisen machen, sind Schall und Rauch, wenn der Staat weiterhin für marode Banken und den gescheiterten Euro mit Milliardenbeträgen bürgt und haftet. Es wird dann nämlich schlicht kein Geld mehr vorhanden sein, um all die schönen Versprechungen einzulösen. Im obersten Interesse der Stadt Karlsruhe ist es daher, dass mit dem Steuergeld auf nationaler Ebene wieder verantwortungsvoll umgegangen wird und keine Hilfskredite mehr gewährt werden, die mit Sicherheit nie wieder zurückgezahlt werden.

Sollte ich als Direktkandidat für Karlsruhe in den deutschen Bundestag gewählt werden, dann werde ich diesen Auftrag aber natürlich auch im Hinblick auf die Stadt sehr ernst nehmen und mich – vermittelt über regelmäßige Bürgersprechstunden – als Anwalt für Karlsruher Anliegen, wie die erwähnte Behebung der Wohnungsnot, zur Verfügung stellen. Im Übrigen würde ich mich für eine Reform des Länderfinanzausgleichs einsetzen, damit das etablierte System der falschen Anreize zum Schuldenmachen auch innerhalb Deutschlands ein Ende findet. Dieses geht ja bekanntlich sehr zu Lasten Baden-Württembergs und mithin auch Karlsruhes.

Wofür gibt die Bundesregierung Ihrer Meinung nach momentan zu wenig Geld aus?

Jongen: Auf einen Nenner gebracht: Die Regierung investiert zu wenig in die Menschen dieses Landes. Familien – oder Paare – mit Kindern sollten steuerlich deutlich besser gestellt werden, Kita- und Kindergartenplätze müssen kostenlos sein. Außerdem fließt zu wenig Geld in Bildung und Forschung, die den wahre Reichtum Deuschlands – in immaterieller wie auch in materieller Hinsicht – darstellen.

… und wofür zu viel?

Jongen: Das ist, denke ich, bereits deutlich geworden: für die Banken- und Eurorettung. „Ausgeben“ ist hier allerdings zu wenig gesagt, die Milliarden werden hinausgeworfen.

Was ist, wenn Sie nicht gewählt werden?

Jongen: Dann werde ich die Flinte nicht ins Korn werfen, sondern mich weiterhin für die Alternative für Deutschland und ihre politischen Ziele einsetzen. Außerdem gibt es da noch meine akademische Karriere.

Da man als Kandidat zum Optimismus verurteilt ist, gehe ich allerdings davon aus, gewählt zu werden – wenn nicht als Direktkandidat, dann über die Landesliste. In großen Online-Umfragen erreicht die AfD schon mal 15%, den parteinahen Meinungsforschungsinstituten, die uns unter der Fünfprozenthürde sehen, ist nicht zu trauen.

Steckbrief

Vorname, Zuname: Dr. Marc Jongen

Partei: Alternative für Deutschland (AfD)

Alter/Geburtsdatum: 45 / 23.05.1968

Sternzeichen: Zwillinge

Beruf: Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Familienstand: ledig (mit Lebensgefährtin)

Lieblingszitat / Motto: Pacta sunt servanda (römischer Rechtsgrundsatz, Prinzip der Vertragstreue)


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